Grundformen künstlerischen Ausdrucks
Als Grundformen künstlerischen Ausdrucks bezeichne ich singen, tanzen, trommeln und malen.
Was sie von anderen Kunstformen unterscheidet ist, dass man sie immer und überall ausüben kann.
Zum Klavier spielen braucht man ein Klavier (und wer hat das schon einfach zu Hause rumstehen). Aber trommeln kann man einfach mit den Handflächen auf einer Tischplatte oder auf den eigenen Oberschenkeln.
Malen kann man mit einem Stock im Sand oder mit einem Bleistift auf einem Notizblock.
Ich persönlich denke, dass die Grundformen künstlerischen Ausdrucks zum Leben des Menschen genauso grundlegend dazugehören wie essen, trinken und schlafen.
In unserer Kultur aber ist das nicht etabliert. Das gegenwärtig verbreitete wissenschaftliche Denken verhindert, dass Menschen die beglückende Wirkung künstlerischer Betätigung erfahren.
Gegenwärtig haben wir eine Kultur, in der Menschen sich in ihrer Freizeit hauptsächlich treffen, um miteinander zu saufen. Ich weiß, es klingt krass, wenn ich das so formuliere, aber es ist eine Tatsache, die man klar sieht, sobald man nur mal richtig hinschaut.
Oder - eine andere andere Freizeitbeschäftigung besonders im Sommer - sich in absoluten Massen treffen, um anderen (nämlich den Stars) dabei zuzuschauen, wie sie ihre Träume verwirklichen.
Ich stelle mir als Vision eine Kultur vor, in der Menschen sich treffen, um miteinander zu trommeln, zu tanzen oder zu singen.
Viele werden jetzt denken: "Aber das ist doch langweilig!" Genau. Es ist langweilig, wenn man auf die Weise an künstlerische Betätigung herangeht, wie das gegenwärtig üblich ist.
Wir haben in diesem Buch auch schon festgestellt, dass Kunst glücklich machen kann, wenn man es auf die richtige Weise tut. Kunst kann auf eine Weise glücklich machen, wie Alkohol das niemals können wird.
Den Grundformen künstlerischen Ausdrucks ist gemeinsam, dass sie jeder sofort ohne jegliche Vorbereitung ausüben kann.
Das ist in dieser Form natürlich nicht allen Menschen klar.
Wenn man heutzutage in eine Musikschule zu einem Trommellehrer geht (wie ich das getan habe), dann wird man derartig mit Technik-Anweisungen zugeschüttet, dass man den Eindruck bekommt, Trommeln ist eine hochkomplizierte Wissenschaft, die nur wenigen auserwählten Genies zugänglich ist und im schlimmsten Falle bekommt man eine solche Ehrfurcht vor einer Trommel, dass man nie wieder eine anrührt.
Deshalb muss man sich von Zeit zu Zeit mal klarmachen, was trommeln eigentlich bedeutet.
Hier kommt also meine Definition:
Man haut mit der Hand oder irgendwas anderem irgendwo drauf und es macht "Bumm"!
(oder "Boom" oder "Plop" oder "Tsst" oder "Klack")
Das kann man kombinieren: Mit einer Hand irgendwo drauf hauen, wo es "Bumm" macht und mit der anderen, wo es "Klack" macht. Aber da wird es vielleicht auch schon wieder zu kompliziert. "Bumm" reicht für den Anfang.
Das in irgendeinem Rhythmus zu tun, der einem gerade in den Sinn kommt, kann eine Menge Spaß machen.
Ich persönlich könnte es den ganzen Tag tun. Die ganze Zeit laufen irgendwelche Rhythmen durch meinen Kopf und ich klappere sie mit den Zähnen, zapple sie mit dem Bein und ich verbinde sogar das Tippen auf einer Computer-Tatstatur mit dem Trommeln, indem ich rhythmisch auf die Tasten haue.
Als Kind wollte man mir einreden, ich sei nervös und ich müsste aufhören, ständig so herumzuzappeln. Aber ich bin nicht nervös und auch nicht zapplig. Ich bin rhythmisch.
Das Trommeln in der Gruppe ist eine der stärksten und erfüllendsten Erfahrungen, die Menschen zugänglich ist.